Jeden Tag zu schreiben ist anstrengend und je nach Tagesablauf ist es schier unmöglich, Zeit zum Schreiben zu finden.

Der Tag beginnt, viel zu tun auf der Arbeit, vielleicht ein wenig Überzeit, Einkaufen auf dem Heimweg, Kochen für die Familie, vielleicht noch ein wenig Sport, und schwups – ist bereits wieder 22:00 Uhr, und dann mag das Hirn nur noch an Schlaf denken.

Das Buch, das du lesen wolltest, liegt noch immer unberührt auf dem Nachttisch und die neuste Folge von deiner Lieblingsserie hast du auch noch nicht gesehen – du hast einfach keine Zeit für alles.

Wo soll denn da noch die Zeit zum Schreiben bleiben?

Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass es möglich ist, auch an solchen Tagen Zeit zum Schreiben zu finden. Vielleicht nicht zwei volle Stunden – aber ganz sicher 15 Minuten.

Ich kenne diese Tage, an denen ich nach der Arbeit einfach nachhause kommen, nichts mehr anrühren und nur noch schlafen will. Aber das Schreiben hat trotzdem immer jeden Tag noch Platz und wird erledigt.

Es ist eigentlich wie Zähneputzen.

Doch bevor das Schreiben zu einer Gewohnheit wird, musst du erst einmal Zeit dafür finden.

Und glaube mir, du hast mehr Zeit über, als du meinst.

Woher kommt denn jetzt diese Zeit?

Viele Ratgeber, die ich gelesen habe, reden davon, dass man sich die Zeit «freischaufeln» muss, und das klingt für mich immer nach Arbeit. Der Klassiker unter den Ratschlägen war, früher aufzustehen. Das habe ich ein paar Mal versucht – konnte es aber nicht durchhalten.

Ich habe mich dann entschlossen, anstelle von «neuer» Zeit (zum Beispiel ein paar Minuten früher aufstehen) die «tote» Zeit zu finden. Also all jene Minuten am Tag, die ich herumtrödele und mit Dingen verbringe, die eigentlich gar nicht so wichtig sind.

Jetzt wirst du mir wahrscheinlich sagen, dass du an stressigen Tagen bestimmt nicht trödelst.

Ich behaupte aber, dass du es doch tust.

Ich zeige dir, wie du die Zeit finden kannst, die du der höheren Sache, dem Schreiben, «opfern» kannst.

Mach dir eine Liste

Gehe deine durchschnittliche Arbeitswoche Tag für Tag durch und schreibe auf, womit du deine Zeit verbringst.

Bei mir ergibt sich eine (unvollständige) Liste, die so aussieht: Schlafen, Frühstück, Zeitung lesen, Arbeitsweg, Arbeit, Mittagspause, Sport, Haushalt, Garten, Einkauf, Kochen / Essen, Lesen, Fernsehen, Internet, Soziales, …

Du kannst deine Liste beliebig ergänzen, wenn dir später noch etwas einfällt oder neu dazu kommt.

Sortiere die Liste

Wenn du deine Tätigkeiten notiert hast, erstellst du davon eine dreispaltige Tabelle. In der linken Spalte notierst du all die Dinge, die wichtiger sind, als das tägliche Schreiben.

In der rechten Spalte kommt alles hin, das weniger wichtig als das tägliche Schreiben ist.

Und in der Mitte schreibst du all die Sachen hin, die in etwa gleich wichtig sind.

Finde die «verlorene» Zeit

All das, was du in der rechten Spalte notiert hast, ist dir weniger wichtig, als das Schreiben — und somit potenzielle Schreibzeit.

Ich habe festgestellt, dass ich viel Zeit mit Lesen von Zeitschriften, Zeitungen und Büchern verbringe, ausserdem viel Zeit im Internet mit Recherche, Blogs lesen, Sozialen Medien und auf Newsportalen verbrate und schliesslich auch noch all die verpassten Folgen meiner Lieblingsserien auf Netflix nachhole.

Klar, auch ich nutze das Internet zur Informationsbeschaffung – aber die Wege im Internet sind unergründlich und weit; und meistens lande ich dann am Ende meiner Recherche bei Katzenvideos auf Youtube.

Und ja, mein Hirn freut sich am Ende eines anstrengenden Tages auch, abschalten und gedankenverloren in die Serienwelt eintauchen zu können.

Dies ist aber genau die Zeit, die am Ende fehlt — es ist all die Zeit, die du besser mit Schreiben verbringen würdest.

Finde deine Schreibzeit

Eigentlich wusste ich ja schon vor der Liste, wo meine «tote» Zeit steckt: ein paar Minuten am Morgen, vielleicht ein paar in der Mittagspause und der Rest zwischen Abendessen und Zubettgehen. Aber diese Aufstellung einmal richtig vor sich zu sehen ist eine andere Erfahrung. Mir hat sie die Augen geöffnet.

Ich habe mich zum Beispiel entschieden, die Serien-Stunden abends ausfallen zu lassen. Ausserdem lese ich beim Frühstück nicht mehr die ganze Zeitung und gewinne so zwanzig Minuten mehr, die mir genau reichen, um mein Tagessoll an 750 Wörtern zu schreiben.

Ich bin überzeugt, dass du dir von den Dingen in der dritten Spalte jeden Tag ein wenig Zeit abkneifen kannst, die du für dein Schreibziel einsetzen kannst.

Die Motivation kommt fast von selbst

Ich konnte mich vorher nicht richtig motivieren, wirklich etwas zu ändern.

Weil eine Änderung in diesem Fall auch Verzicht bedeutet. Aber da ich gesehen habe, dass die «tote Zeit» in vielen verschiedenen Dingen steckt, musste ich nicht komplett auf eine meiner Lieblingsbeschäftigungen verzichten.

Habe ich also beispielsweise gestern eine Folge meiner Lieblingsserie wegen des Schreibens sausen lassen, lasse ich heute die Finger von Ausflügen in die Social Media; dafür liegt heute die Folge von gestern drin.

Darum ist diese Liste praktisch: Du hast dir selber gezeigt, worauf du für das Schreiben zu verzichten bereit bist.

Und wenn dir diese Motivation noch nicht reicht: Halte dir vor Augen, warum du überhaupt schreiben willst. Und ob du mit dem, was du statt des Schreibens jetzt lieber tun würdest, dieses Ziel erreichst, oder nicht.

Knechte dich nicht

Das heisst jetzt nicht, dass du all die Dinge, die in deiner Liste in der dritten Spalte stehen, von heute auf morgen komplett aufgeben musst. Im Gegenteil. Das sind alles Dinge, die dir Spass machen – und die sind auch wichtig, damit du weiterhin motiviert bleibst.

Denn damit kannst du dich nach deiner Schreibzeit belohnen.

Je mehr du dich mit dem Schreiben auseinandersetzt und je länger es einen festen Teil deines Tages einnimmt, desto einfacher wird es, «tote Zeit» dafür zu opfern und diese Zeit zum Schreiben zu nutzen.

Frustriere dich nicht und finde etwas, das dir passt

Sehr wichtig dabei ist, dass du dich nicht übernimmst. Wenn du dir Zeit freischaufelst, muss das vor allem am Anfang nicht eine volle Stunde sein. Zehn oder fünfzehn Minuten reichen völlig aus.

Gehe die Sache langsam an und frustriere dich nicht; nimm dir aber mindestens so viel Zeit frei, die du brauchst, um dein tägliches Schreibziel zu erreichen. Bei mir sind das 750 Wörter — was ungefähr 15 Minuten entspricht.

Vielleicht fällt es dir aber auch leichter, eine gewisse Anzahl an Minuten zu schreiben.

Was für dich funktioniert, musst du selber herausfinden.

Sei mutig und probiere einfach aus.

Und jetzt du:

Fange jetzt gleich an und …

  • finde heraus, wo du heute noch Zeit zum Schreiben herbekommst
  • setze dir für den Anfang ein erreichbares Ziel: zum Beispiel 15 Minuten oder 300 Wörter täglich
  • vielleicht solltest du jetzt gleich eine Surf-Pause einlegen? 🙂